Rückenprobleme beim Pferd behandeln
Die Behandlung von Rückenproblemen beim Pferd steht gewissermaßen auf dreieinhalb Säulen. Das sind:
1. Schmerzen lindern.
2. Rückenmuskulatur aufbauen.
3. Selbstheilung unterstützen.
und
3 ½. Ursachen behandeln
Die Linderung bestehender Schmerzen ist die Voraussetzung für den Muskelaufbau – und die Kräftigung der Rückenmuskulatur ist bei den meisten Rückenproblemen die beste und mit Abstand wichtigste Behandlungsstrategie. Arthritis/Arthrose, Kissing Spines und Spondylose sind chronische Probleme, die nicht in dem Sinne heilbar sind – eine kräftige, lockere Muskulatur hilft dem Pferd, seine Wirbelsäule effizient zu stabilisieren, Beweglichkeit zu erhalten und weitgehend schmerzfrei zu bleiben.
In vielen Fällen können wir den Körper durch zusätzliche Maßnahmen bei der Selbstheilung unterstützen – und oft sind diese unterstützenden Therapien tatsächlich ungemein wichtig. (Selbst das Schienen einer Fraktur ist ja im Grunde „nur“ eine unterstützende Maßnahme – die eigentliche Heilung des Knochens übernimmt der Körper selbst.)
Die Ursachen von Rückenproblemen lassen sich in vielen Fällen kaum mit Sicherheit ermitteln, daher spielt die wirklich ursächliche Behandlung bei der Therapie von Rückenproblemen nur eine untergeordnete Rolle: Wunderpillen gibt es nicht, und chirurgische Eingriffe sind nur in seltenen Fällen – wir kommen darauf zu sprechen – empfehlenswert.
1. Schmerzen lindern
Für die systemische Anwendung werden Schmerzmittel mit dem Futter gegeben oder durch Injektionen in den Blutstrom verabreicht. Nebenwirkungsärmer bei lokalisierten Schmerzen ist die lokale Anwendung, also die Injektion an Ort und Stelle ins Gewebe, oder die Verwendung von Pflastern, die den Wirkstoff allmählich durch die Haut abgeben. Bei Arthritis können Wirkstoffe auch direkt in die betroffenen Gelenke injiziert werden.
1.1. Diese Naturheilmittel wirken bei Schmerzen des Bewegungsapparats
Gute Erfahrungen werden auch mit Grünlippmuschel gemacht: Hier gibt es eine Reihe von Studien, die dem pulverisierten Extrakt eine gelenkschützende und regenerierende Wirkung bescheinigen.
Naturheilmittel entfalten ihre Wirkung nicht kurzfristig, sondern in der langfristig regelmäßigen Anwendung als Futterzusatz. Mit Nebenwirkungen ist – anders als bei Pharmazeutika – bei bestimmungsgemäßem Gebrauch nicht zu rechnen.
1.2. Diese Medikamente kommen zur schmerzlindernden und entzündungshemmenden Behandlung von Rückenproblemen zum Einsatz:
1.2.1. Nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAIDs)
1.2.2. Kortikosteroide
1.2.3. Opioide
1.3. Gelenkinjektionen
Für Gelenkinjektionen kommen zum Einsatz:
- Hyaluronsäure – ein zähflüssiger Stoff mit besonderen Fließeigenschaften, der als wichtigster Bestandteil der natürlichen Gelenkflüssigkeit in erster Linie den Gelenkknorpel vor weiterem Abrieb schützen soll
- Langzeitkortison – wirkt über längere Zeiträume stark entzündungshemmend und schmerzlindernd
- Körpereigene Wachstumsfaktoren aus dem Blut: Platelet-Rich Plasma (PRP:Thrombozytenreiches Blutplasma) und Autologes konditioniertes Plasma (ACP) werden frisch aus dem Blut des Patienten gewonnen und direkt in das Gelenk injiziert
Während Hyaluronsäure und Kortison in erster Linie das Fortschreiten der Gelenkzerstörung bremsen sollen, gibt es bei Gelenkinjektionen mit körpereigenen Blutbestandteilen auch Grund anzunehmen, dass die konzentrierten Wachstumsfaktoren aus dem Blut die Regeneration des Knorpels anregen könnten. Ob das tatsächlich zutrifft, ist aber noch nicht bekannt.
2. Rückenmuskulatur aufbauen
2.1. Physiotherapie
- Massagen und manuelle Behandlungen (im Sinne des Aufhebens vorhandener Verspannungen oder Blockaden)
- Dehnungsübungen, die den Rückenmuskel und das lange Nackenband dehnen und lockern
- Übungen zur Gelenkmobilisierung
- Übungen, die die Muskulatur trainieren, also den Rückenmuskel und die mit ihm zusammenhängenden Muskeln; eventuell auf dem Laufband
- Aquatherapie/Aquatrainer: Hier befindet sich das Laufband in einem schulterhohen Container, der in unterschiedlicher Höhe mit Wasser geflutet werden kann. Aquatherapie kräftigt die Muskulatur durch das Arbeiten gegen den Wasserwiderstand und schont schmerzende Gelenke durch den Auftrieb im Wasser.
Eine entscheidende Rolle bei der physiotherapeutischen Behandlung der Rückenprobleme eines Pferdes spielt aber auch der Besitzer. Der Physiotherapeut wird ein Trainingsprogramm mit Übungen zur Kräftigung der Rückenmuskulatur zusammenstellen, die Sie mit Ihrem Pferd an der Hand und an der Longe regelmäßig machen sollten.
2.3. Freie Bewegung
Die Evolution hat den Bewegungsapparat von Pferden für ein Leben in Bewegung optimiert – überwiegend ruhige Bewegung mit dem einen oder anderen kleinen Spurt obendrauf, motiviert durch körperliche und soziale Bedürfnisse. Freie Bewegung ist Balsam für den Pferderücken, sie trainiert Muskeln und Bänder, sie stärkt die Knochen und hält Knorpel und Gelenke gesund. Sie beugt Fehlhaltungen und Verspannungen vor – und baut vorhandene ab.
Sofern nicht wegen akuter Verletzungen bzw. nach bestimmten Behandlungen (etwa Gelenkinjektionen oder Operationen) Boxenruhe verordnet ist, stellt eine Stunde freie Bewegung täglich das absolute Minimum für jedes Pferd dar – und gerade Pferde, die an Rückenschmerzen leiden, sollten möglichst viel Gelegenheit haben, sich ungezwungen zu bewegen.
Wie kann diese Bewegung aussehen?
- Grasen auf der (möglichst großen) Koppel
- Auslauf im Offenstall oder Paddock mit Bewegungsanreizen durch Artgenossen und räumliche Struktur (das diesbezügliche Minimalprogramm sind räumlich maximal voneinander entfernte Futter- und Wasserstellen; mit Fantasie und etwas Engagement lässt sich noch manches andere möglich machen)
- Entspanntes Spazierengehen
Pferdebesitzer, die ihr Pferd in Pension geben, haben in der Regel – abgesehen von der Entscheidung für oder gegen ein bestimmtes Pensionsangebot – nicht allzuviel Einfluss auf die dortigen Bedingungen. Möglichst häufiges Spazierengehen ist davon aber unberührt – und der gemeinsame Spaziergang kann für Pferd und Reiter zu einer sehr lieben Gewohnheit werden. (Wichtig ist, dass Sie die Impulse Ihres Pferdes soweit wie möglich respektieren – also zum Beispiel auch mal stehenbleiben – und es am Anfang nicht überfordern – große Runden und „spannendes“ Gelände sind nichts für unerfahrene Spaziergänger.) Außerdem ist Spazierengehen nicht nur gut für Rücken und Gelenke, sondern auch für die Pferdepsyche – die vielen Erfahrungen, die es dabei zu machen gibt, lassen Pferde ausgeglichener und mutiger werden.
2.4. Wasser!
Alle Pferde können übrigens schwimmen, und die meisten tun es auch gar nicht ungern – zumindest nachdem die ersten Zweifel überwunden sind. Und was für Menschen gilt, gilt uneingeschränkt auch für Pferde: Schwimmen ist unglaublich gut für den Rücken!
3. Selbstheilung unterstützen
3.1. Ergänzungsfuttermittel
Vitamine, Mineralstoffe und bestimmte Aminosäuren (die sogenannten essenziellen Aminosäuren) kann der Körper nicht selbst bilden – hier ist er darauf angewiesen, dass diese Stoffe im Futter in ausreichender Menge vorhanden sind.
Andere Substanzen kann der Körper zwar selbst synthetisieren, eine zusätzliche Zufuhr mit dem Futter kann aber durchaus unterstützend wirken.
Darüber hinaus gibt es Pflanzenstoffe, die körpereigenen regulatorischen Stoffen ähneln und dadurch komplexe Wirkungen auf den Stoffwechsel haben. In diese große Gruppe gehören beispielsweise die immunregulierenden Inhaltsstoffe aus Brennnessel, Teufelskralle, Echinacea oder Weide, die verdauungsanregenden Bitterstoffe aus Löwenzahn oder die herzwirksamen Flavonoide aus dem Weißdorn. Da Pflanzen und Pflanzenfresser durch eine gemeinsame Evolutionsgeschichte verbunden sind, argumentieren Naturheilkundler, dass solche Stoffe für Pferde (und nicht nur für Pferde...) die Arzneimittel der ersten Wahl sind.
Und so gibt es – von der Kräutermischung bis zum Hightech-Superfood – für gesunde Pferde wie für Pferde mit Beschwerden aller Art eine breite Palette von Ergänzungsfuttermitteln. Sie sollen einerseits die optimale Versorgung mit Vitaminen, Mineralstoffen und essenziellen Aminosäuren sicherstellen und andererseits bestimmte Beschwerden unterstützend behandeln. Sinnvolle Bestandteile von Futterzusätzen zur unterstützenden Behandlung und Vorbeugung von Erkrankungen des Bewegungsapparates sind:
- Teufelskralle, Ingwer, Capsaicin, Weidenrinde, MSM (organischer Schwefel): wirken antientzündlich und schmerzlindernd
- Ackerschachtelhalm: stärkt das Bindegewebe
- Brennnessel: wirkt antientzündlich und regt die Nieren zur Entgiftung an
- Hyaluronsäure, Chondroitin, Kollagenhydrolysat und Glucosaminoglycane: unterstützen den Gelenkstoffwechsel
3.2. Osteopathische Behandlungen
Läsionen entstehen durch eine akute Überlastung der betreffenden Struktur (sprich: durch einen größeren oder kleineren Unfall), aber auch durch chronische Fehlbelastungen. Oft wirkt eine Läsion auf verbundene anatomische Strukturen, wo sie Sekundärläsionen erzeugen kann. So entstehen dann sozusagen Ketten von ursächlich zusammenhängenden (aber räumlich nicht unbedingt benachbarten) Läsionen.
Osteopathen verfügen über ein Arsenal spezieller manueller Behandlungsmethoden, die Läsionen und Läsionsketten beseitigen können. Durch gezieltes Drücken, Ziehen, Drehen oder Klopfen sollen Blockaden gelöst und die Läsionen zur Selbstheilung angeregt werden.
Gerade im Bereich der Behandlung von Rückenproblemen überschneidet sich das Behandlungsangebot von Osteopathen und Physiotherapeuten.
3.3. Physiotherapie
- Wärme- und Kältebehandlungen
- Infrarotbestrahlung
- Vibrationsbehandlungen (Matrix-Rhythmus-Therapie, Ultraschall)
- Magnetfeldtherapie
- Elektrostimulation
- Lasertherapie
Für einige dieser Therapien liegt wissenschaftliche Evidenz für ihre Wirksamkeit vor (häufig allerdings keine sehr umfangreiche), andere sind eher erfahrungsbasiert bzw. im alternativmedizinischen Bereich angesiedelt.
3.4. Therapiedecken
Bei Pferden mit akuten oder chronischen Rückenproblemen, sprich, Verletzungen oder anderweitig deutliche Bewegungseinschränkungen und Schmerzen, können Therapiedecken Schmerz und Verspannungen lindern und die Heilung beschleunigen – allerdings eher im Sinne einer ergänzenden Behandlung. Die Verwendung sollte dann in der Regel in Absprache mit dem behandelnden Tierarzt oder Physiotherapeuten erfolgen.
3.4.1. Wärmedecken
Der Markt bietet in diesem Bereich passive Wärmedecken (Infrarottextilien), die bestimmte Anteile der abgestrahlten Körperwärme besonders effizient wieder zurückreflektieren, und akkubetriebene Heizdecken, die ein aktives Heizelement enthalten.
Wärmedecken kann das Pferd auch beim Training, für mehrere Stunden oder sogar rund um die Uhr tragen. Elektrische Heizdecken sind dagegen eher etwas für kürzere Anwendungen.
3.4.2. Massage-Pads
3.4.3. Magnetfelddecke
3 ½. Ursachen behandeln
Chirurgie bei Kissing Spines
Mittlerweile wird der relativ große, von einer mehrwöchigen Erholungsphase mit weitgehender Boxenruhe gefolgte Eingriff nicht mehr ganz so sorglos angesetzt. Verlaufsstudien, die den langfristigen Behandlungserfolg bei größeren Gruppen von Pferden untersuchen, kamen zwar zu dem Schluss, dass die Operation für eine Mehrheit der behandelten Pferde erfolgreich verläuft, bei etwa einem Drittel aber keine Verbesserung bzw. sogar eine Verschlechterung eintritt. Zudem fehlt bei den Studien in der Regel eine Vergleichsgruppe, die konservativ behandelt wurde.
Daher macht die chirurgische Resektion (Entfernung) der Dornfortsätze wirklich nur bei einem schweren Befund Sinn: Wir sprechen hier von einer ausgeprägten Symptomatik nicht nur im Röntgenbild, sondern auch im szintigraphischen Befund, und von Schmerzen und Bewegungseinschränkungen, die durch eine konservative Behandlung (Medikamente plus Physiotherapie) nicht erfolgreich adressiert werden können.
4. Den Sattel nicht vergessen!
Hier kommen wir ins Spiel: Als Sattelexperten wissen wir ganz genau, worauf es ankommt. Unsere Sättel werden individuell an den Rücken Ihres Pferdes angepasst. Darüber hinaus haben wir eine Reihe von Lösungen im Angebot, die das Reiten für Pferde rückenschonender machen. Interessiert?